Mit der Stundung des Tagebaues Schleenhain am 31.3.1995 war nicht nur das vorläufige Aus des Tagebaus verbunden, sondern auch die Stillegung des größten zusammenhängenden Schmalspurnetzes in Deutschlands. Dieses Netz, welches auf der Spurweite von 900 mm beruhte, hatte zum Ende der DDR 1989 ein Umfang von ca. 726 km. Davon waren ca. 215 km rückbares Gleis und 511 km stationäres Gleis vorhanden. Lagemäßig erstreckte es sich vom Tagebau Cospuden am Stadtrand von Leipzig bis zum Teerverarbeitungswerk Rositz bei Altenburg. Nach der Wende verminderte sich der Bedarf an Briketts und Elektroenergie so stark, daß im Zeitraum von 1990 bis 1994 alle 11 Brikettfabriken und 7 von 9 Tagebauen des BKW Regis und BKW Borna außer Betrieb genommen werden mußten. Das Streckennetz der Grubenbahn wurden dementsprechend ebenfalls stillgelegt und demontiert. In diesem Zeitraum verloren sehr viele Kumpel ihre Abrbeit. Unsere Region blutete damit aus.
Bis zur Stundung des Tagebaus Schleenhain 1995 waren über die Schmalspurbahn nur noch das Industriekraftwerk Borna (ehem. IKW u. BF Borna) und das Kraftwerk Lippendorf direkt als Verbraucher angeschlossen. Das Kraftwerk Thierbach und das IKW Espenhain erhielten die Kohle mit der normalspurigen Kohleverbindungsbahn vom Umladebunker Böhlen. Die Zwenkauer Kohle wurde bereits seit 1994 auf Normalspur von der Verladungsanlage des Tagebaus nach Böhlen transportiert. Für die Restnutzungsdauer des Tagebaus Zwenkau bis 30.9.1999 stellte die MIBRAG die Abbautechnologie des Tagebaus nicht mehr um und somit hielt sich noch ein Inselbetrieb der 900 mm Spur im Tagebau. Abnehmer dieser Kohle waren die Kraftwerke Thierbach, Lippendorf und Chemnitz (über DB).
Heute, 9 Jahre nach der Stillegung des Netzes, ist bis auf die 15 km der Kammerforstbahn, welche vom Kohlebahnverein betrieben wird, nichts mehr vorhanden. Als stumme Zeugen bleiben nur noch Bahndämme, Brücken und Einschnitte erhalten, wobei selbst diese an etliche Stellen zurückgebaut wurden.
Im Vergleich zur "großen" Eisenbahn brauchte sich die Grubenbahn nicht zu verstecken. Es gab nur Stellwerke mit Gleisbildtechnik (meistens die WSSB Bauformen GS I oder GS II IB). Das Verkehrsaufkommen stand der DR in nichts nach. So verließ z.B alle 10 Minuten ein Vollzug den Tagebau Schleenhain in Richtung Brikettfabriken und Kraftwerke, meist wurde im Blockabstand gefahren. Vielen Strecken waren deshalb auch zweigleisig ausgebaut. Eine Besonderheit im Fahrbetrieb bestand in der "planmäßigen" Fahrt mit geschobenen Zugeinheiten, da ein umsetzen der Lok im Tagebau oder im Kohlebunker zu zeitaufwendig bzw. gar nicht möglich war. Das Problem unbesetzte Zugspitze wurde bei der Sicherungstechnik mittels zusätzlicher Schubsignale gelöst. Diese Signale (2 blaue Optiken) wurden eine Zuglänge vor dem eigentlichen Signal aufgestellt. Hat die Lok einer geschobenen Zugeinheit am Schubsignal angehalten befand sich die Zugspitze direkt am Hauptsignal. Eine gezogene Einheit zog bis zum Hauptsignal ganz normal vor.
Als Zugmaschinen im Leistungsfahrbetrieb dienten etwa ab den 70er Jahren ausschließlich die E-Loks EL3 vom LEW Hennigsdorf. Diese Maschinen wurde auch im Lausitzer Revier, im Geiseltal und zwischen der Nickelgrube Callenberg und der Hütte St. Egidien eingesetzt. Für den Hilfsfahrbetrieb standen V10c und verschiedene Kraftrottenwagen zur Verfügung.
Bildmaterial vom aktivem Betrieb besitze ich leider kaum. Wer fotografiert auch alltägliches. Darum zeigen die meisten meiner Bilder die Situation nach der Betriebseinstellung.
Für Denjenigen, welcher tiefer in diese Thematik eintauchen möchte, empfehle ich die Literatur. Diese diente mir auch als Quelle.
Für Anregungen und Kritik bin ich sehr dankbar. Jens Schattauer